Die Maya waren das am höchsten entwickelte Volk des frühzeitlichen Amerika. Doch dann schien die gesamte Kultur scheinbar urplötzlich von der Bildfläche zu verschwinden.
Die Maya Schrift ist ein Relikt aus dieser Zeit, das Aufschluss über die Geschichte der Maya geben könnte. Allerdings standen die Wissenschaftler lange Zeit vor einem Rätsel. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte die Maya Schrift zumindest teilweise entschlüsselt werden.
Die Spanier zerstörten einen Großteil der Maya Schriften
Im 16. Jahrhundert eroberten die spanischen Konquistadoren die Neue Welt und fielen auch in die Gebiete des Maya Reichs ein. Sie hatten das Ziel, die Ureinwohner mit aller Macht zum Christentum zu bekehren. Ihrer Eroberung fielen zahlreiche Gebäude und andere kostbare Hinterlassenschaften der Maya zum Opfer.
Im Jahr 1562 ließ der spanische Bischof Diego de Landa viele Schätze der ehemaligen Hochkultur zerstören: kostbare Monumente, Bilder und Schriftrollen, die der Nachwelt somit für immer verwehrt bleiben. Auch der Versuch des Bischofs, im Vorfeld die Schriftzeichen der Maya zu entschlüsseln, blieb zur damaligen Zeit ohne Erfolg, da er davon ausging, dass jedes Zeichen einem Buchstaben unseres Alphabets entspreche. Von der spanischen Zerstörungswut verschont blieben vorwiegend Zeichen auf Gebäuden, Wandmalereien (beispielsweise in Bonampak) und die sogenannten Codices, die vier einzigen erhaltenen Handschriften der Maya.
Die Codices
Die einzigen vier erhaltenen Codices sind auf der ganzen Welt verteilt: Ihrem Verwahrungsort entsprechend werden sie als Codex Madrid (Tro-Cortesianus), Codex Paris (Peresianus), Codex Dresden (Dresdensis) sowie Codex Grolier (in Mexiko) bezeichnet. Der Grolier Codex nimmt dabei eine Sonderstellung ein, er wurde erst in den 1970er Jahren entdeckt und gilt als sehr umstritten. Nicht alle Wissenschaftler sind von der Echtheit des Fundes überzeugt. Der Grolier Codex umfasst 11 Seiten, die den Venuslauf darstellen, wobei es ursprünglich wohl 20 Tafeln mit 65 Venuszyklen gewesen sind.
Auch der Codex Dresden enthält verblüffend genaue Venus-Beobachtungen. Er besteht aus 39 Blättern und ist wie ein Faltalbum gestaltet. Aufgeklappt ist er ganze 3,56 Meter lang. Es wird vermutet, dass Cortés 1519 den Codex Dresden aus Yucatán mit nach Europa brachte, wo er heute in der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden aufbewahrt wird. Der längste Maya Codex ist der Tro-Cortesianus, der im Museo del Americas in Madrid aufbewahrt wird. Es handelt sich um 56 beidseitig bemalte Blätter, die weniger religiös geprägt sind.
Es werden landwirtschaftliche Themen, Neujahrszeremonien und Rituale für die Jagd und die Bienenzucht behandelt. Der Pariser Codex ist mit 1,4 Metern der kürzeste der vier Maya Schriften. Er wird in Paris aufbewahrt und enthält Katun-Prophezeiungen. Allerdings sind die Schrift und die Bemalungen nur noch im Mittelteil der Seiten zu erkennen.
Rund 800 Zeichen der Maya Schrift sind bislang bekannt
Lange haben die Forscher gebraucht, um die inzwischen etwa 800 entdeckten Symbole der Maya Schrift zu entschlüsseln. Die Wissenschaftler sind sich inzwischen darüber einig, dass es sich um eine Mischform handelt. Das bedeutet, die Schrift setzt sich sowohl aus Symbolen (den sogenannten ideografischen Zeichen) als auch aus phonetischen Zeichen zusammen. Die Schrift wird auch als logosyllabische Schrift bezeichnet, was bedeutet, dass es sich um eine Mischung aus Logogrammen und Silbenzeichen handelt.